WILSON DER ANTIAUSSIE TEIL: 10

von Mira Berghöfer

MÜDI DAS GEWOHNHEITSTIER

Wir alle haben ja so unsere Gewohnheiten. Eine bestimmte Abfolge unserer alltäglichen Rituale in Bad und Küche, der pünktlich um die Mittagszeit anklopfende Hunger, der nachmittägliche Kaffee.

Einige sind da weniger neurotisch, wenn es zu anderen Abläufen durch äußere Einflüsse kommt, andere mehr. Das Müdi lässt sich getrost zur letzteren Gruppe zählen.

Wilson liebt seine Gewohnheiten und kann zu einem nervtötenden Monster werden, wenn etwas, dass er erwartet sich verzögert oder gar anders eintritt. Auch wenn ich grundsätzlich alles gebe, eine Ritualisierung seines Tagesablaufes zu durchbrechen – hat er einmal eine klare Vorstellung gefasst, wie die Dinge laufen sollen, ist dies nicht mehr aus dem müdischen Hundekopf zu bekommen!

 Eine dezidierte Beobachtung dieses Verhaltens lässt, sind in ganz unterschiedlichen Situationen anstellen: Ein Beispiel betrifft Müdis liebstes Kuscheltier, ein 7 Jahre altes Moorhuhn. Er hat zwar keinen eigenen Besitz und darf nur dann mit seinem Spielzeug spielen, wenn ich es ich erlaube bzw. mit mir, aber nun ja… Jede Woche verstecke ich ihm das besagte Moorhuhn, bevor ich ihn von Sonja abhole. Ich muss dabei mittlerweile richtig kreativ werden, denn Herr Müdi mag Herausforderungen. Wenn wir dann heimkehren, wird das Moorhuhn sofort gesucht und stolz präsentiert. Zur Belohnung gibt es ein Leckerchen und der Hund kann sich entspannt zum wohlverdienten Mittagsschläfchen einrollen. Manchmal sogar mit seinem Moorhuhn, weil es einfach bezaubernd ist, wenn er es als Kopfkissen benutzt, oder fest in den Arm nimmt! Interessant wird es, wenn ich mal vergessen haben sollte das Tierchen zu verstecken, dann wird Wilson ungemütlich. Nachdem routiniert die gewöhnlichen Stellen abgesucht worden sind und kein Moorhuhn zu finden war, oder es sogar gar nicht versteckt wurde, sondern offen herumlag, wird er motzig. Empörtes Gebrumme, vorwurfsvolles vor meine Füße oder auf meinen Schoss werfen des Stofftieres, beleidigtes Schluchzten auf seinem Thron gefolgt von stundenlangem Anstarren, können die Folge sein. Klar, man kann und sollte das Aussitzen, aber wer hat freitags vor der Arbeit da schon Lust zu?! Also verstecke ich es ihm meistens dann doch, er bekommt sein Leckerchen und kann dann endlich beruhigt einschlafen…

 

Noch nerviger wird er, wenn es – wie sollte es auch anders sein – ums Essen geht. Seine tägliche Futterration bekommt der Herr am Abend. Das heißt auf müdisch: „Wenn ich das zweite Mal eine große Runde raus muss und es beginnt dunkel zu werden, gibt es im Anschluss Abendessen, also versuche ich, die Gassirunde möglichst kurz zu halten!“

Wenn wir dann zuhause eintreffen, schlägt er sein Lager vor dem Kühlschrank, oder wahlweise dem Napf auf. Wir haben versucht es zu durchbrechen, ihn stundenlang warten zu lassen, aber Herr Wilson gibt nicht auf. Einmal hielt ich bis 23 Uhr durch und gab ihm das Futter schließlich, als er sich endlich mal hingelegt hat (selbstverständlich vor dem Napf), zuvor hatte er geschlagenen 5 Stunden davor gesessen, und immer, wenn ich in die Nähe kam, seinen bezaubernden Häschentrick vorgeführt.

Ich finde es immer wieder faszinierend, welche Energiereserven mein Hund freisetzten kann, wenn es ihm ums Essen geht. Aber mit großer Wahrscheinlichkeit bin ich die Schuldige, die ihn motiviert, indem sie seine autistischen Züge unterstützt, wenn er seinen Willen am Ende ja dann doch bekommt. Man stellt immer wieder fest, wie gut diese Tiere einen um die Pfote gewickelt haben. Also auf in einen neuen Versuch: Forderndes Verhalten ignorieren. Ganz schön anstrengend mit so einem Müdi-Tier.

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