WILSON DER ANTIAUSSIE TEIL: 17

von Mira Berghöfer

DAS HEFETEIGGATE (3)

Nach dem besorgniserregenden Zwischenfall, zog ich mein Tierchen aus dem Erbrochenen, säuberte seine Pfötchen und bettete ihn neu.

Irgendwann ist er dann doch auch längerfristig eingeschlafen, und zwar richtig tief. Die Hoffnung, dass alles wieder gut sein würde, wenn es aufwachte, zerschlug sich allerdings schnell, als der Gang zur Haustür in gerader Linie aussichtslos erschien und ich ihn auf dem Weg zur Morgentoilette die Treppe runtertragen musste, da er weder koordinativ noch kräftetechnisch in der Lage war auch nur eine Stufe zu bewältigen.

Als wir schließlich im nahe gelegenen Park angelangt waren, scheiterte auch der Versuch des Wasserlassens kläglich. Nachdem er unter Ächzen ein Beinchen gehoben hatte, verlor er kurzerhand das Gleichgewicht und lag wie ein Käfer auf dem Rücken. Ein trauriges Bild, das kann ich versichern. Doch ganz im Zeichen der Rettung meines Müdis hielt ich dem Patienten ein Beinchen hoch und stützte die andere Seite, bis er fertig war, wobei die Panik vor einem baldigen Ableben meines Tierchens und mein gigantisch schlechtes Gewissen ob meiner Unachtsamkeit dadurch sicherlich nicht geschmälert wurden. Auch beim großen Geschäft, was durchaus funktionierte und mich prinzipiell beruhigte (zwischenzeitlich hatte ich aufgrund der Masse an Hefeteig an eine Magendrehung denken müssen), müssen wir ein interessantes Bild abgegeben haben.

Alleine funktionierte das nämlich auch so überhaupt nicht. Nach einigen gescheiterten Versuchen, die unter lauthals fiepender und teilweise herzzerreißend jammernder Kommentierung des Müdis immer hilflos im Busch liegend, endeten, fasste ich mir auch hier ein Herz und griff ihm wortwörtlich unter die Pfötchen. Im schon zur frühsten Stunde gut besuchten Stadtpark hingen wir nun also gemeinsam im Gebüsch, Herr Wilson in der halben Hocke, ich daneben ihn stützend umklammernd, dazu sein panischer, mein irritierter wohl aber auch besorgter Blick. Alles begleitet durch die Audiospur meiner Wenigkeit, die uns in Form von besänftigendem guten Zureden davon zu überzeugen suchte, dass bald alles wieder gut sein würde. Eine Szene für die Götter.

Nach unserem Ausflug legte ich das Tier ins Körbchen und kontaktierte Sonja, die mir sofort riet die Klinik aufzusuchen. Mit neurologischen Ausfällen sollte man schließlich nicht spaßen und danach sah es aus – Kontrollverlust über die Hinterläufe. Nachdem ich mir seinen torkelnden Gang genauer angesehen hatte, legte ich mir zurecht, was ich sagen wollte: „Also mein Hund torkelt und kann kein Geschäft ohne Hilfe erledigen. Zwischendurch kippt er einfach mit den Hinterläufen weg. Es ist nichts Außergewöhnliches passiert, außer der Tatsache, dass ich so blöd war zuzulassen, dass er knapp 350g Hefeteig gefressen hat. Bei ihm stehen solche Exzesse allerdings an der Tagesordnung. – Ja genau, in Ihrer Akte steht noch die Sache mit der Zartbitterkuvertüre? Dann wissen Sie ja mit wem Sie es zu tun haben…“ So der Plan.

Im Begriff die Nummer der nächsten Klinik oder des nächsten Notarztes herauszusuchen, erlag ich der Versuchung die Symptome des Hundes in eine Internetsuchmaschine einzugeben. So was sollte man ja eigentlich nicht tun, da die Tiere dann meistens schon für tot erklärt werden und das die Panik nicht schmälert, doch nun ja wir sind auch nur Menschen und ein bisschen Hintergrundinformation, bevor man den Tierarzt aufsucht, sollte der Sache eher zuträglich sein.

Die Ergebnisse, die mir die liebe Suchmaschine lieferte, sollten jedoch Wilson Ruf im Hundewerk und unsere Beziehung im Allgemeinen nachhaltig prägen…